Die Jennewitzer Mühle

Der bislang älteste Hinweis auf einen Jennewitzer Müller findet sich in der Chronik von Kröpelin von 1932, allerdings ohne Quellenhinweis. Darin heißt es: » 1726 entstand im Stadtgebiet eine zweite Windmühle. Der Windmühlenbesitzer Dietrich Daniel Westphal zu Jennewitz ließ sie aber nicht wieder aufbauen, nachdem sie 1738 abgebrannt war. «

1749 wurden erstmalig Pläne zum Bau einer Windmühle in Jennewitz aktenkundig. Die Realisierung zog sich jedoch über mehrere Jahre hin. Im Beichtkinderverzeichnis von 1751 wurde noch kein Müller aufgeführt. 1768 wurde die Mühle erstmalig verpachtet, bis 1789.

In den Pachtunterlagen von 1788 wurde eine Mühle erwähnt, die zum Hof gehörte und mit diesem verpachtet wurde. Standort war die Anhöhe nordwestlich der heutigen Milchviehanlage in Kröpelin. Dies ist auf dem untenstehenden Kartenausschnitt der Schmettauschen Generalkarte Mecklenburgs gut zu erkennen.

1817 klagte der Mühlenpächter Hamann gegen die Erbzinspächter Müller, Hagedorn und Krempin zu Diedrichshagen, wegen zu leistender Spanndienste zu den Bauten der Jennewitzer Mühle.

1824 wurde die Windmühle saniert. Dies zog sich über mehrere Jahre hin. Als Abschluss bekam die Mühle 1827 neue Ruten (Flügel), nachdem der Mühlenpächter Havemann gegen die Hausleute der Dorfschaften Klein Bollhagen, Nieder Steffenshagen, Wittenbeck und die Erbpächter Müller und Hagedorn zu Diedrichshagen wegen Bezahlung der Kosten zur Anfuhr einer Mühlenrute geklagt hatte.

1831 Erweiterung der Mühle mit Holländerhaus und Viehstall. Damit bekam die Mühle Ähnlichkeit mit einer Büdnerei. Der Müller wurde auch Landwirt. 1837 listet das Geograhisch-statistische-Handbuch Mecklenburg für Jennewitz unter anderem eine Erbmühle auf. An welchem Standort dies geschah ist noch nicht ermittelt.

1845 wurde die Mühle zur Erbmühle proklamiert.

1852 tauchte in einer Gerichtsakte ein Erbmüller Jonas, bzw. dessen Witwe, geb. von See auf. Augenscheinlich ging es um eine Erbangelegenheit.

In den Domanialakten zeugt ein Schriftwechsel aus dem Jahr 1853 von Jennewitzer Grabenkämpfen. In diesen monierte ein Erbmüller Terdorf die neuen Vorflutgräben zur Entwässerung von Büdnereien am Steffenshäger Weg. Bei starken Regenfällen überschwemmte das gesammelte Wasser seine Ländereien. Offensichtlich stand die Mühle zu diesem Zeitpunkt auf der Anhöhe rechts vom Weg, der von Reddelich nach Jennewitz führt, also rund 200 Meter vom zur Mühle gehörigen Hof entfernt.

Zu Johanni 1863 waren der Erbmühle 3137 Quadratruten Land zugeschlagen. Das sind rund 6,6 ha.


1866 gehörte die Mühle dem Erbmüller F. Kords. Heute [1932] steht, weithin sichtbar, die Jennewitzer Mühle ohne Flügel da.


Kröpeliner Stadtchronik von 1932

Genaueres steht in den Volkszählungsunterlagen. So lebten 1867 auf dem Mühlenhof:
Müller Friedrich Kords (geb. 1828) mit Ehefrau Wilhelmine (geb. 1828), Sohn Wilhelm (geb. 1850) und den Töchtern Bertha (geb. 1852), Emma (geb. 1853), Frida (geb. 1866).
Zum Haushalt gehörten die Müllergesellen Johann Kords (geb. 1935) und Jasper Baas (geb. 1823), der Knecht Ernst Harnack (geb. 1840) sowie die Dienstmädchen Mina Ahrens (geb. 1837) und Louise Karnitzki (geb. 1843).

Müller ist zwischen 1867 und 1900 Theodor Kords (geb. 1871) geworden, der mit Berta Kords (geb. 1878) noch kinderlos verheiratet war. Sein Vater Friedrich gab bei der Volkszählung 1900 als Geburtsjahr 1829 an – 1867 war er noch der Meinung, 1828 geboren zu sein. Zwischen den Volkszählungen wurde im Müllerhof eine Bäckerei eingerichtet. Vater und Sohn waren von Beruf Müller und Bäcker, was ja eigentlich auch Sinn macht. Mit den Bäckergesellen Johannes Maass und Heinrich Ahrens (geb. 1870) war die Bäckerei keine kleine. Hauptabsatzmarkt dürfte wohl Kröpelin gewesen sein. 1936 wurde die Bäckerei geschlossen und zu Wohnungen umgebaut.

In der Mühle arbeitete 1900 der Geselle Helmuth Lorenz (geb. 1873). Zur Wirtschaft gehörten noch die Pungenfahrer Wilhelm Bitter (geb. 1878) und Friedrich Masch (geb. 1874) sowie die Dienstmädchen Lina Dreyer (geb. 1882) und Lina Frahm (geb. 1886).

Im nautischen Standardwerk: Die Schifffahrtzeichen an der deutschen Küste, herausgegeben vom Reichskanzleramt 1878, ist die Jennewitzer Mühle als Landmarke aufgeführt:

gefunden von Axel Kähler, [01]

Das Verhältnis der Mühlen und Müller innerhalb der Mecklenburgischen Landwirtschaft

Aufsatz von Axel Kähler [01] über die Inhalte von Druckvorlagen für Pachtverträge um 1817. (04/2025)

Die Bedeutung von Mühlen schlechthin für die menschliche Ernährung ist buchstäblich so alt wie die Menschheit selbst. Ein oder sogar das wichtigste Grundnahrungsmittel ist bis auf den heutigen Tag das Mehl, gewonnen aus den verschiedensten Getreidearten. Mithin das wohl wichtigste und älteste Grundnahrungsmittel bis auf den heutigen Tag.

Ausgehend von einfachstem manuellen Zerquetschen oder Zermalmen des entsprechenden Mahlgutes haben sich sicher bereits mit der Erfindung des Rades Möglichkeiten der Mechanisierung erschlossen. Immer mit dem technisch technologischen Zeitstand fortschreitend verwendete man Apparate, die zuerst von Mensch und Tier und später von Wind- und Wasserkraft angetrieben werden konnten.

Der mechanische Aufbau und die Wahl eines günstigen Aufstellungsorts dieser im übrigen fast gänzlich aus Holz gebauten Mühlen war europaweit bekannt und hier bei uns eine der Domänen der Zisterziensermönche. Naturgemäß war an den Besitz einer Mühle ein gewisses Privileg und damit Vormachtstellung gegeben. Kein Wunder, dass dieser Umstand in alle einschlägigen Varianten der Gewinnmaximierung anzog. So wurden z. B. alles im Zusammenhang stehende landesherrschaftlich kontrolliert, genehmigt oder verboten. Beispielsweise wurden das individuelle Mahlen untersagt gänzlich verboten und gleichzeitig die Benutzung einer bestimmten Mühle unter Zwang gestellt. Die Kontrolle der Getreidemengen geschah über ein noch sehr einfaches dennoch bürokratisches schriftliches Buchungsverfahren. Angefangen von Kerbhölzern über personenbezogene Listen Transport- und Lagerungsvorschriften. Verdienstspannen und Mengenkontrollen bis hin zur Vorschrift der Transportwege und Kontrolle derselben durch Chausseewärter. Alles wird an dieser Stelle beschrieben, um das Weitere zu verstehen.

Im Klosterbereich um Doberan herum existierten mehrere Hauptgüter (deren Besitzer oder Pächter im folgenden als Verpächter auftreten), mit einer Anzahl zugehöriger kleinere Gutshöfe, sogenannte Pertinenzien, Meiereien und zugeordnete Dörfer mit Dienstbauern. Alle wurden einer Mühle zugeordnet. Diese Mühlen waren an Betreiber auf eine verabredete Anzahl von Jahren verpachtet. Diese Pachtverträge sind sehr geeignet das Wechselverhältnis Pächter zu Verpächter und den Mahlgästen abzubilden und sollen hier beschrieben werden.

Der Beginn oder Wechsel erfolgte zu Johanni (24. Juni). Der Pächter zahlt für eine bestimmte Pachtzeit zu bestimmten Terminen eine festgelegte Summe Pacht an das Amt Die Mühlen wurden immer mit den Mahlgästen zusammen verpachtet. Der Müller hatte besondere Verpflichtungen, die Pachtvertrag geregelt wurden:

  • so unterwarf er sich der Pflicht eine bestimmte Schmiede zu nutzen (Schmiedezwang).
  • Der Müller trägt allen Eisenschliff.
  • Für den Abschliff der Mühlsteine um 3 Zoll der Stärke wurden 3 Reichstaler fällig.
  • Die Picken zum Schärfen der Steine hält sich der Müller auf seine Kosten.
  • Kleine Reparaturen, egal welche, übernahm der Müller selbst dann, wenn jede für sich weniger als 1 Reichstaler Arbeitslohn wert sind.
  • Größere Schäden zahlte oder behob der Müller selbst, wenn ihm nachlässige Wartung (z. B. Zuwarten bis zum Schaden) bewiesen wird Das erhielt er wenn er unschuldig war.
  • Neben den Mühlenfuhren hat der Müller bestimmte Fuhren zu leisten. Bei öffentlichem Bedarf leistete er Hilfe beim Aufrichten von Gebäuden.

Der Verpächter nahm sich vom Mühlenzwang aus. Er reservierte sich die Freiheit, woanders mahlen zu lassen. Er erhielt Metzenfreiheit für alle beliebigen Sortierungen (Gerste, Gerstengrütze, Buchweizen Hafer, oder Malz). Ausnahmslos alle übrigen Einwohner waren Zwangsmahlgäste des Müllers. Dieser durfte fremde Mahlgäste annehmen, soweit die Zwangsgäste nicht zurück gestellt wurden, oder terminlich zurückstehen mussten. Die Metzenentnahme (Mahlprodukte als Mahllohn) bei den Zwangsgästen betrug 1/12 Scheffel für alle Getreide, für Grütze und Malz 1/16. Der Müller war zum Aufstellen einer richtigen Waage, zur Kontrolle der Gewichte für jedermann, verpflichtet. Gleichfalls zur Bereitstellung von zwei gestempelter Metzen (Getreidehohlmaßbehälter) mit daran befestigten Streichhölzern zum Glätten des Hohlmaßes). Die Umwandlung von Buchweizen zu Grütze wurde extra berechnet, desgleichen Gerste in große mittlere und feine Graupen. Sollte statt Metzen Mahlgeld genommen werden, waren die unterschiedlichen Produkte zu spezifizieren und die Preise vorgeschrieben. Defraudationen (Betrügereien, Unterschlagungen, Hinterziehungen) wurden mit Coventional Pön (Vertragsstrafen ) geahndet und zwar: »Ist der Müller gerichtlich überführt, zahlt er Conventional Pön erstmalig 5 Reichsthaler, zweitmalig 10 Reichsthaler, drittmalig 20 Reichsthaler Als Ersatz für die Betrogenen.« Erst danach erfolgt die Vertragskündigung.

Der Müller verpflichtete sich, nach voraus gegangener Anzeige, sowohl für den Hof als für die übrigen Mahlgäste das Mühlengetreide abzuholen und das Fabrikat wieder zurückzubringen. Das galt auch für die dörflichen Leibeigenen. Dafür wurde der Sonnabend jeder Woche ein für allemal festgeschrieben.
Im Falle einer Wassermühle wurde verfügt: Das Wasser im Mühlenteich darf niemals höher als das Marzeichen stehen. Sollte es trotzdem dazu kommen durfte der Verpächter die Regulierung übernehmen oder die Schieber zerschlagen. Der Müller kam für alle Überlaufschäden, verursacht durch ihn oder seine Leute auf.

Die Eigenwirtschaft des Müllers betreffend: Der Müller durfte drei bis vier Kühe, zwei Pferde und ein Fohlen halten. Die Kühe gingen mit den Dorfkühen zusammen auf die Weide. Hirtenlohn zahlt der Müller. Die Pferde gingen auf die Zug-Koppel des Verpächters. Zur Winterfütterung erhielt der Müller eine separate Fläche auf der er selbst Heu machte und einfuhr. Im Herbst erhielt er eine bestimmte Menge Roggenstroh guter Häckselqualität und minderer Einstreuqulität vom Verpächter. Vier Wochen vor Michaelis (29. September) noch je zwei Fuder Gerst- und Haferstroh, jedes Fuder 200 Bund zu 10 Pfund. Hat er Acker entfiel dieses Kontingent. Leinsamen baute er auf dem Acker an, auf dem alle Unterpächter (evtl. der Schmied, Schäfer oder Holländer) den Samen und das Säen besorgt der Müller selbst. Schweine und Gänse des Müllers gingen auf die allgemeine Dorfhüte.

Quelle: Formulare zu landwirtschaftlichen Zeit-Pacht-Contracten, Carl Christian Friedrich Ferber Verlage; Stillersche Buchhandlungen 1817; digitalisiert: Uni Rostock

Anmerkung:
Es ist davon auszugehen, dass diese Vertragsvorlagen auch für die Mühle in Jennewitz Verwendung fand.


Artikel aktualisiert am 13.04.2025